Was leisten NPO – Ein Erfahrungsbericht
In diesem Artikel beleuchten wir, wie NPOs in der Schnittstelle zwischen Staat und Gesellschaft für sozialen Ausgleich sorgen und sich für eine gerechtere Welt einsetzen.
Durch unsere Arbeit mit Non-Profit-Organisationen (NPOs) werden wir auch privat des Öfteren zu diesem, für Viele unbekannten Sektor, befragt. Man könnte die Frage «Was leisten NPOs» nun aus vielerlei Perspektiven mittels beispielsweise gesamtwirtschaftlicher Bilanzen oder Wirkungsstudien beantworten. Wir berichten nachfolgend jedoch aus der Praxis und zitieren punktuell Kennzahlen offiziellen Erhebungen und Branchenverbänden.
In unserer Gesellschaft spielen NPOs eine wichtige Rolle. Sie setzen sich für soziale, kulturelle oder ökologische Anliegen ein und leisten einen wertvollen Beitrag zu unserem Gemeinwohl. Doch was ist der konkrete Impact dieser Vereine, Verbände und Stiftungen? Wie finanzieren sich diese und was kommt von meiner Spende effektiv an? Diesen und weiteren Fragen gehen wir auf den Grund.
Vom Staat und seiner sozialen Verantwortung
In einer Marktwirtschaft entsteht bekannterweise eine gewisse Ungleichheit. Der Staat aber auch wir Individuen übernehmen an dieser Stelle eine solidarische Verantwortung für Schwächere, Natur, Umwelt, Kultur und weitere Bereiche des Lebens, welche durch den Markt nicht im Sinne des Gemeinwohls reguliert werden.
Nun könnte man meinen, dass der Staat als Akteur diesen Aufgaben zur Genüge nachkommt. Die Realität sieht jedoch anders aus – NPOs übernehmen vielerorts im Auftrag des Staats einzelne Aufgaben, schliessen Lücken im sozialen Netz und stellen Aktivitäten und Unterstützung dort sicher, wo kommerzielle Anreize fehlen, rechtliche Lücken entstehen oder der Staat versagt.
Staatsversagen, ein makroökonomisch längst bekanntes Phänomen beschreibt, dass der Staat seiner Aufgabe nach sozialem Ausgleich nur begrenzt nachkommen kann. Gründe hierfür sind mangelndes Wissen, Konflikte, politische Instabilität, Korruption und einige Weitere.
NPOs springen hier ein und übernehmen in Spezialdisziplinen eine faire, inklusive Ressourcen-Verteilung. Durch den starken thematischen Fokus gelingt ihnen dies besser, weshalb der Staat als einer der grössten «Auftraggeber» von NPOs vielerlei Aufgabe an diese delegiert.
Tätigkeitsbereiche von NPOs
Nicht profitorientierte Organisationen, Schätzungen gehen von 2'500 – 3'500 Organisationen in der Schweiz aus, sorgen für Solidarität, Schutz der Schwächeren und Ausgleich. Solidarität geht in einer vernetzten, globalisierten Welt jedoch weit über unsere Landesgrenzen hinaus. Entwicklungen, Katastrophen, Armut und Vieles mehr betrifft uns gleichermassen direkt oder indirekt auch in der Schweiz.
Gemäss dem Bericht des Bundesamt für Statistik zu «nicht gewinnorientierten Organisationen im Bereich der sozialen Sicherheit», kümmern sich NPOs im Staatsauftrag um Risiken und Bedürfnisse in folgenden acht Themenfeldern:
- Krankheit / Gesundheitsversorgung
- Invalidität / Gebrechen
- Alter
- Hinterbliebene
- Familie / Kinder
- Arbeitslosigkeit
- Wohnen
- Soziale Ausgrenzung
Dieser Terminologie der Risiken folgt auch das ESSOSS (Europäisches System Integrierter Sozialschutzstatistiken), wobei diese dort als «Funktionen» bezeichnet werden. Durch die standardisierte Terminologie von ESSOSS können auch internationale Vergleiche verschiedener Volkswirtschaften in Bezug auf ihre Sozialsysteme angestellt werden.
Hinzu kommen weitere wichtige Themen, welche nicht direkt das Thema soziale Sicherheit betreffen, jedoch genauso wichtig in der Arbeit von NPOs sind. Dazu gehören unter anderem Natur & Umwelt, Bildung, Tiere, Kunst und Kultur, Krisenhilfe und vieles mehr.
Wie finanzieren sich NPOs?
Der übergeordnete Einnahmemix von Non-Profit-Organisationen ist länderabhängig sehr unterschiedlich. In der Schweiz verteilen sich die Einnahmen zu etwa 23% auf Dienstleistungs- und Warenerträge, zu 33% auf Beiträge der öffentlichen Hand und zu 42% aus Spenden. Die restlichen 2% entfallen auf weitere Ertragsquellen wie beispielsweise Events, Crowdfundings oder Benefizkonzerte. Reine «Spendenorganisationen» sind daher eher selten, trotzdem haben Spendeneinnahmen für viele NPOs eine hohe Bedeutung.
Der Grossteil der Spendeneinnahmen entstammt übrigens aus privaten Spenden während beispielsweise Unternehmensspenden in der Gesamtmarktbetrachtung über eine geringe Bedeutung verfügen. Durchschnittliche Privatspender:innen in der Schweiz, unterstützen 3 bis 5 Organisationen pro Jahr – Entsprechend gross ist der Wettbewerb um die Zielgruppe der Mehrfachspender:innen.
Der Einnahmemix von grossen Organisationen ist oftmals stark diversifiziert, während kleinere Organisationen zumeist auf Individual-Fundraising-Massnahmen setzen. Beim Individual-Fundraising werden beispielsweise Unternehmen, Stiftungen oder auch vermögende Einzelpersonen persönlich bearbeitet. Die generierten Mittel sind zwar oftmals zweckgebunden (= für spezifische Projekte), wodurch intern Finanzierungslücken entstehen können, sie sind zugleich jedoch mit überschaubarem Finanzaufwand generierbar. Im Public Fundraising werden grössere Budgets für Media, Agenturen und grosse Kampagnen benötigt.
Hier ein Überblick der typischen Marktsegmente spendensammelnder Organisationen:
Durch den optimalen Segmentmix lassen sich Einnahmerisiken reduzieren (z.B. Volatilität), die Marketingkosten in ein gesundes Verhältnis zu den Einnahmen bringen und die Zweckbindung so gestalten, dass genügend Ressourcen für weniger beliebte Projekte und Programme bleiben.
Wie viel meiner Spende kommt an?
Diese Frage ist ungefähr so einfach zu beantworten wie die Frage nach der Gesamtwertschöpfung einer Volkswirtschaft – Analog werden nämlich Leistungen aus Freiwilligenarbeit nicht berücksichtigt. Dies führt zu einer entsprechenden Verzerrung des Bildes zu Ungunsten der Hilfsorganisationen.
Während im Jahr 2013, in der Schweiz, rund 36'000 bezahlte Beschäftigte in NPOs tätig waren, erbrachten über 160'000 Freiwillige weitere unbezahlte Arbeiten. Diese kamen im Bereich der sozialen Sicherheit über 180'000 Haushalten oder 290'000 Personen zugute.
Die Zewo, eine unabhängige Stiftung welche Spendenorganisationen auf ihre Seriosität und Wirksamkeit hin überprüft, und ihnen bei Erfüllung bestimmter Kriterien das Zewo-Gütesiegel verleiht, ist ein guter Gradmesser. Das Zewo-Gütesiegel steht für transparente und verantwortungsvolle Spendenpraxis und gibt Spender:innen eine Orientierungshilfe bei der Auswahl von seriösen Spendenorganisationen.
Um zu verstehen, wie viel Geld bei einer typischen NPO tatsächlich in die Projektarbeit fliesst, ist es wichtig, die verschiedenen Kostenkategorien zu unterscheiden. Dazu gehören grob:
- Administration und Personal (z.B. Büromiete, Strom, Buchhaltung, etc.)
- Marketing und Fundraising (z.B. Kampagnen, Webauftritte, Öffentlichkeitsarbeit)
- Programm-/Projektarbeit
Verschiedenste Erhebungen von BFS, ESSOSS oder der Stiftung ZEWO, gehen von 57 – 75% der Spendengelder aus, welche tatsächlich in die Projektarbeit fliessen.
Diese Zahlen können jedoch stark variieren: So benötigen junge NPOs beispielsweise mehr Mittel für Administration und Personal, da sie noch Aufbauarbeit leisten müssen. Gleichzeitig können ältere Organisationen mit hohem Anteil an öffentlichen Fördermitteln ihre Marketing- und Administrationsaufwände sehr geringhalten und effizient «wirtschaften». Wir empfehlen vor dem Spendenentscheid die Situation individuell zu betrachten – Pauschalantworten wären hier verfehlt.
Tipps für Spender:innen
Wie erkenne ich eine seriöse Spendenorganisation? Nun es gibt mannigfaltige Möglichkeiten die Arbeit von NPOs zu bewerten und den individuellen Spendenentscheid zu treffen.
Die meisten Organisationen veröffentlichen einen Jahresbericht, in dem sie transparent ihre Finanzkennzahlen und Projektberichte offenlegen. Darin enthalten sind auch die Administrations- und Marketingkosten. Das Zewo-Gütesiegel kann als weiteres Qualitätsmerkmal hinzugezogen werden.
Nebst dem Blick auf die Finanzzahlen lohnt es sich, insbesondere die Programm- und Projektarbeit genauer zu beleuchten. Welchen Impact hat die NPO in ihrem Themenbereich? Welche Erfolge kann sie ausweisen? Wie transparent werden Kennzahlen und Berichte zur Arbeit publiziert? Allesamt Faktoren welche in die Entscheidungsfindung einfliessen sollten. Bei der Bereitschaft zu einer grösseren Spende, kann auch mal das persönliche Gespräch gesucht werden.
Bei kleineren Spendenbeträgen empfehlen wir die Organisationen mit einer regelmässigen Spende zu begünstigen. Hier ist das Verhältnis von Spendenertrag zu Marketingkosten (Gewinnung, Aktivierung, Reaktivierung) deutlich gesünder als bei typischen Einzelspenden (z.B. auf Mailings), wodurch mehr Geld beim eigentlichen Programm ankommt.
Fazit: NPOs leisten wichtige Arbeit
Aussenstehende haben oft falsche Vorstellungen wie Non-Profit-Organisationen arbeiten und funktionieren. Deshalb braucht es vermehrt Information und Aufklärung auch zur Arbeit von NPOs.
Zertifizierungen, regulatorische Anforderungen und anspruchsvoller werdende Spender:innen fordern die Organisationen stark. Als Resultat davon werden die meisten NPOs professionell gemanagt, erfüllen höchste Standards was Rechnungslegung und Controlling angeht und beschaffen auf professionelle Art und Weise ihre Mittel.
NPOs lösen mit ihrer Arbeit soziale Probleme und fördern die Solidarität und das Engagement in unserer Zivilgesellschaft. Sie stärken das Gemeinwohl und verbessern unsere Lebensqualität mit ihrem Einsatz. Dafür verdienen sie Respekt und unseren Dank!