09.02.2024 Thomas Roth

Organisationsentwicklung am Beispiel der Rheumaliga Schweiz

Ein Erfahrungsbericht unseres Founders Thomas Roth, der die Rheumaliga Schweiz während der letzten 2 Jahre bei der digitalen Transformation unterstützte.

Organisationsentwicklung am Beispiel der Rheumaliga Schweiz

Digitale Transformation, Digitalisierung und weitere Buzzwords sind in aller Munde. Wer heute mitreden will, der muss digital verstehen, denken und handeln. So zumindest der Tenor unter den meisten Entscheiderinnen und Entscheidern, insbesondere im oberen Management von Unternehmen sowie NPOs. Man will ja schliesslich nicht zur «alten Garde» gehören. So verwundert es denn auch nicht, dass viele Vorhaben mit Technik-Begeisterung und vollmundigen Versprechen der Anbieter vorangetrieben werden, während so manch anderes auf der Strecke bleibt.

In meiner Doppelrolle als Geschäftsführer von Soulclick und den Marketing Monkeys, gebe ich euch heute einen Einblick in einen gemeinsamen Kunden-Case: Die Rheumaliga Schweiz. Seit zwei Jahren begleiten wir die Organisation bei einem Transformationsprozess und unterstützten sowohl mit Beratungsleistungen als auch mit smarten Tools. An diversen Stellen im Beitrag dürfen wir auch die Geschäftsführerin Valérie Krafft zitieren.

Startpunkt Pandemie

Die Rheumaliga Schweiz hat sich die letzten 20 Jahre stark weiterentwickelt. Aus der einst kleinen Dachorganisation, ist eine Gesundheitsliga von veritabler Grösse und hoher Professionalität entstanden. Im Zentrum des Handelns stehen bei der Rheumaliga dabei immer die Betroffenen. Marketing und Public Fundraising waren denn auch eher sekundäre Instrumente, zur Erfüllung der eigenen Mission.

Die Pandemie hat die Organisation einem Belastungstest ausgesetzt: Einerseits schoss die Nachfrage nach ihren Dienstleistungen in die Höhe und andererseits wurden die internen technischen Schwachstellen und Defizite umso offensichtlicher. Dank enormer «WoMenpower» konnte die Nachfrage befriedigt werden. Gleichzeitig war der Weg geebnet, im 2022 einen digitalen Transformationsprozess anzustossen. Klar war von Beginn weg auch, dass die Betroffenenorientierung ebenso im digitalen Zeitalter, höchste Priorität hatte und weiter ausgebaut und gestärkt werden sollte.

Digitalstrategie als Überdach

Der OE-Prozess wurde mit diversen internen Workshops losgetreten und das Team der Rheumaliga Schweiz wurde von Beginn weg involviert. Schrittweise sollte eine gemeinsame Gesamtsicht aufgebaut werden.

Hierzu bedienten wir uns der Allegorie des Legoschlosses: Eine Platte die trägt, ein realistischer Bauplan und ein Gebäude, welches die Qualität des Inhalts profiliert nach aussen trägt.

Bauplan Digitalsrategie für NPO am Beispiel Rheumaliga

Der Start war nicht nur einfach. Zwar bekannte sich das gesamte Rheumaliga Schweiz Team zum Prozess, es tauchten aber auch kritische Fragen auf. Diese Bedenken konnten wir aus dem Weg räumen, indem wir punktuell auch in Mikrothemen abtauchten. Eine dieser Fragen war beispielsweise: «Wir hatten doch schon ein CRM-Pflichtenheft, was macht ihr nun anders»? In der Folge entwickelten wir bei einem Workshop, gemeinsam (CRM) User Stories und brachten dem Team so näher, wie wichtig die Übersetzung von inhaltlichen Wünschen zur Technik ist.

Als Legoplatte wurde übrigens eine zentrale Systemarchitektur nach dem Best-of-Suite Grundsatz definiert. Das heisst im Klartext: Einzelne Tools, welche die Bedürfnisse der Fachbereiche ideal erfüllen, werden zu einer Gesamtarchitektur zusammengeführt. Im Zentrum steht eine zentrale Datenbank (single-point-of-truth), an die alle weiteren Tools angedockt sind.

Neue IT-Systemarchitektur der Rheumaliga Schweiz

Gemeinsame Werte sind zentral

«In der Phase der Strategie- und Konzeptentwicklung half es, dass wir gemeinsam mit dem Partner, Grundsätze der Zusammenarbeit definierten», meint Valérie Krafft, Geschäftsleiterin der Rheumaliga Schweiz. «An diesen konnten wir uns immer wieder orientieren, auch wenn es mal schwierig wurde».

Die vier gemeinsam definierten Werte lauteten:

  1. Gemeinsam Schritt für Schritt und pragmatisch
  2. Steigerung des digitalen Reifegrads
  3. IT als Enabler
  4. Agil statt Wasserfall

Im Prozess der Strategieentwicklung wurde auch allen klar: Die Rheumaliga braucht mehr digitale Skills, zusätzliche Ressourcen und neue Rollen. Nur so würde es möglich sein, schrittweise die Ownership auf strategisch wichtigen Themen aufzubauen und die Organisationsentwicklung ausgewogen zu vollziehen. Es entstanden Anforderungs- und Stellenprofile für einen CRM-Manager und eine Digital Managerin.

Parallel führten wir umfangreiche Analysen durch und bewerteten beispielsweise die Investitions- und Betriebskosten der IT, in den letzten Jahren, um die künftige digitale Entwicklung adäquat zu dimensionieren. Das Team der Geschäftsstelle, aber auch der Vorstand, wurden in die Konzeption involviert, während Letzterer schlussendlich per Dezember 2022 das grüne Licht für die Umsetzung der Digitalstrategie gab.

Ziele: Betroffenenversorgung stärken, Erträge ausbauen

Eine Transformation erfordert wesentliche Investitionen, was gerade für eine Non-Profit-Organisation, eine grosse Herausforderung darstellt. Es fehlen Rückstellungen oder auch stille Reserven, welche für ein solches Entwicklungsvorhaben aufgelöst werden können.

Gleichzeitig zeigt unsere Erfahrung: Wer von innen nach aussen budgetiert, und nicht vom Markt her die Bedürfnisse der Zielgruppe ins Zentrum rückt, wird genau daran scheitern. Die starke Innensicht ist bei vielen Hilfsorganisationen der limitierende Faktor bei Transformationsvorhaben. Unrealistisch tiefe Budgets bei sehr hohen Ansprüchen sind keine Seltenheit. Schaut man dann vertieft in die Finanzen, sind Viele überrascht, wie hoch die effektiven Digitalausgaben der letzten Jahre waren. Die Salamitaktik vieler Digitalanbieter lässt grüssen: Da wird über Pitches (zu) günstig reinverkauft und dann über laufende Gebühren kräftig abgeschöpft.

Bei der Rheumaliga wandten wir den Blick rasch nach vorne und machten uns Gedanken, zur künftigen Finanzierung des OE-Vorhaben. So stand der Ausbau von Fundraisingerträgen aus privaten Spenden, ganz weit oben auf der Liste. Der Vorstand beschloss schlussendlich die Transformation in einem Mix aus Fundraisingerträgen, Stiftungsfördergeldern und Vermögensreserven zu finanzieren.

Die Umsetzung: Schritt für Schritt und pragmatisch

Aus dem gemeinsamen Grundsatz «Schritt für Schritt und pragmatisch» entstand ein vierstufiges Phasenmodell zur Umsetzung:

  1. Einleitung des Change-Prozesses
  2. Aufbau der internen Ownership
  3. Überführung der neuen «Produkte» in die Linie
  4. Rollout über die Gesamtorganisation

Entlang dieser Phasen sollte schrittweise der Reifegrad der Organisation und die Ownership ausgebaut werden. Die Organisationsentwicklung sollte also von innen nach aussen getragen werden und für 2023 wurden drei Schwerpunktthemen bestimmt:

Fokus der Umsetzung digitale Transformation Rheumaliga

Um eine gemeinsame Arbeits- und Kollaborationsgrundlage zu schaffen, wurde ein Jira- / Confluence-Account aufgesetzt. So konnten Rheumaliga Mitarbeitende, wie auch wir als Partner, an einem zentralen Ort arbeiten. Vom Meetingprotokoll über die Tracking-Dokumentation bis zum Projektfortschritt, wurde so alles nachvollziehbar dokumentiert. Ab Januar 2023 hielten wir zudem mit der internen Hauptverantwortlichen, der Geschäftsleiterin Valérie Krafft, einen monatlichen Jour Fixe ab.

Was wurde erreicht und wie geht es weiter?

Aus den drei Entwicklungsvorhaben entstanden Detailkonzepte, Pflichtenhefte und gemeinsame Projektierungen. In jedem Handlungsbereich machte man trotz aller Herausforderungen, grosse Fortschritte und sowohl Vorstand als auch Mitarbeitende zeigen sich zufrieden. Valérie Krafft sagt: «Zu Beginn war das Ganze für uns kaum greifbar und wir verstanden oft nur Chinesisch. Nach gut einem Jahr sind wir jedoch begeistert, wo wir heute stehen. Vieles ist klarer geworden, wir haben nachvollziehbare, durchdachte Konzepte und unser Team hat massiv an digitaler Kompetenz gewonnen».

Die neue Spendenwelt der Rheumaliga: Schmerzen lindern. Freiheit schenken

Unter der Leitidee «Schmerzen lindern. Freiheit schenken» entstand mit Hilfe des Soulclick Baukastens, eine moderne digitale Spendenwelt. Im Spendenportal können Interessierte die verschiedenen Dienstleistungen der Rheumaliga Schweiz kennenlernen und mit einem Betrag ihrer Wahl unterstützen. Im Hintergrund ist die Spendenwelt an die aktuellen Systeme angebunden, wodurch eine effiziente Abwicklung sichergestellt ist. Für das Tracking der Donor Journeys kommt ein aufgerüsteter Google Analytics Account mit Lookerstudio und UTM-Generator zum Einsatz.

Flankiert von Google Ads, lancierte das Rheumaliga Kommunikationsteam diverse thematische Kampagnen via Social Media, Newsletter und Webseite. Bereits im ersten Jahr wurden die Online Spendenerträge so mehr als verdoppelt.

CRM: Eine Legoplatte für die Zukunft

Innerhalb der künftigen BoS-Architektur (Best-of-Suite) kommt dem CRM eine zentrale Bedeutung zu. Die künftigen Anforderungen an ein CRM, werden mit der aktuellen Softwarelösung nicht mehr erfüllt. Insbesondere in den Bereichen Usability, Konnektivität und Skalierbarkeit, stiess man immer wieder an Grenzen.

Auf Basis einer umfangreichen internen und externen Analyse, entwickelten wir erste strategische Stossrichtungen zur künftigen CRM-Strategie. Auch versuchten wir mit dem Team der Rheumaliga, den Fundraiserinnen und Fundraisern, herauszufinden, was gutes Relationship Management bedeutet. Mit Hilfe von Zielgruppen-Personas wurde die Kundinnen und Kunden Perspektive eingenommen. Das Ergebnis: Die Rheumaliga schafft künftig segment- und kanalübergreifend einzigartige Kundenerlebnisse. Ermöglicht werden diese, durch eine skalierbare Cloud-Architektur mit low-code Bausteinen.

Auf die CRM-Strategie folgte das Pflichtenheft für die Ausschreibung und Anbieterevaluation. Hier wurden Business-Anforderungen (Prozesse, User Stories, UMLs), technische Spezifikationen wie auch ein möglicher Rollout-Plan definiert.

Vorgehen CRM-Projekt in NPO

Die Umsetzung sollte in Etappen und in einem agilen Setting bestritten werden, während Organisation und inhaltliche Dimensionen von innen heraus weiterentwickelt werden.

Ein Alltagshilfenshop fast wie bei Digitec

Auch zum Alltagshilfenshop entstand ein komplettes Pflichtenheft mit dazugehörigem UX/UI-Prototypen. Auf Basis eines globalen Designsystems wurden über 80 Screens in FIGMA designt und für interne Tests verlinkt.

Das neue verschlankte und moderne Design, überzeugt mit einem umfangreichen Login Bereich, einer vereinfachten Userführung und optimierten Checkouts. Der neue Alltagshilfenshop geht per März 2024 live und wird schrittweise weiterentwickelt. So sind User Journey Automationen, eine Erweiterung der Analytik, wie auch neue digitale Dienstleistungen in Planung.

Learnings und Fazit

Die digitale Transformation bei der Rheumaliga Schweiz veranschaulicht einige zentrale Aspekte einer digitalen Organisationsentwicklung. Mensch, Inhalt und Technik sollten im Gleichschritt (weiter-) entwickelt werden.

Angefangen bei der Organisation und den Menschen im inneren Kreis, nämlich Vorstand, Geschäftsleitung und Mitarbeitende, muss eine institutionelle Bereitschaft zur Veränderung aufgebaut werden. Dabei kann es auch mal unangenehm werden, da ein kritischer Blick auf sich selbst unerlässlich ist. Das geht nicht von heute auf morgen und insofern sollte sich jede Organisation dafür so viel Zeit lassen, wie sie braucht.

Der kritische Blick auf die eigene Organisation, bringt Licht ins Dunkel. So werden Potenziale ermittelt, neue Stellen geschaffen und potenzielle Herausforderung bei der Umsetzung, frühzeitig erkannt und adressiert. Blame Games oder Schuldzuweisungen sind fehl am Platz – Vielmehr geht es darum, die Organisation von innen heraus zu stärken. Dazu gehören auch Dinge wie eine gesunde Fehlerkultur aufzubauen oder unternehmerische Risiken einzugehen. Wer im kompetitiven Spendenmarkt nämlich langfristig bestehen will, muss mutiger, risikofreudiger und innovativer werden.

Das ein solcher Change Prozess oft auf taube Ohren stösst ist klar. Ängste können nur abgebaut werden, wenn das gesamte Team involviert und die Notwendigkeit der Massnahmen erkannt wird. Gerade für Fachexpertinnen und -experten ist die Transformation eine grosse Chance. Den ihre Fähigkeiten und Skills sind auch im digitalen Zeitalter gefragt. So können wir als Agentur zwar mitanstossen, Ideen einbringen und beraten. Gleichzeitig müssen im Gleichschritt mit der Technik, auch viele inhaltliche Themen (z.B. Marke, Kursformate, Lieferoptionen, uvm.) weiterentwickelt werden. Hierfür braucht es die Erfahrung der Profis aus der Linie. Eine geteilte Ownership mit einem starken externen Partner bleibt trotzdem ein wichtiger Erfolgsfaktor, gerade für kleinere und mittelgrosse Organisationen.

Nur mit einer globalen Digitalstrategie kann eine Gesamtsicht auf Mensch, Inhalt und Technik aufgebaut werden. Plötzlich werden Ressourcen frei, neue Köpfe bringen frischen Wind hinein und es entsteht eine positive Dynamik. Eine Dynamik bei der Alle am Legoschloss mitbauen, weil sie einsehen, dass sich dies positiv auf den Impact der Organisation auswirkt. In diesem Sinne: Stay hungry, stay foolish!

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