CRM und Mindset: Bist du ein Liebhaber oder ein Stalker?
Erst die Zwei-Weg-Kommunikation mit deinen Spendenden führt zu Vertrauen für deine NPO. Wieso das richtige Mindset dafür entscheidend ist, erfährst du in diesem Beitrag.
Für den Aufbau eines erfolgreichen Beziehungsmanagements im Fundraising braucht es nicht nur eine durchdachte Strategie und zuverlässige Technik, sondern vor allem eine spenderzentrierte Kommunikation. Wenn man vor lauter Technik und Strategie das Gegenüber aus den Augen verliert, dann ist das Scheitern vorprogrammiert. Eine Spenderzentrierung geschieht jedoch nicht von selbst, sondern muss als bewusste Entscheidung in deiner Organisation etabliert werden. Dabei ist die Denkweise (Mindset) eurer ganzen Organisation, mit einer konsequenten Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Spender:innen, entscheidend.
Hier ein paar Gründe, weshalb dies so wichtig ist für eure Hilfsorganisation:
- Gemäss verschiedener Spendenstatistiken sinkt die Anzahl der Spender:innen – aber diese spenden im Schnitt mehr. Umso wichtiger ist es deshalb, bestehende Spender:innen zu pflegen.
- Die Akquisition von neuen Spender:innen wird immer aufwändiger. Auch hier gilt die Devise, einmal gewonnene neue Spender:innen nicht wieder zu verlieren.
- Unsere Spender:innen leben in einem digitalen Umfeld, in dem für sie viele Dinge zur Gewohnheit geworden sind, wie beispielsweise eine sofortige Bestellbestätigung oder Lieferung am Folgetag. Ob wir es wollen oder nicht: auch wir als Organisation werden an diesen Erwartungen gemessen.
Customer-Relationship-Management muss von innen kommen
Spenderzentrierung fängt damit an, welche Haltung wir als Organisation gegenüber unseren Spendenden haben. Sie sollten als wichtiger Teil unserer Community gesehen werden, deren Meinung zählt. Diese Haltung prägt schlussendlich auch unseren Umgang und unsere Kommunikation als Organisation mit der Zielgruppe. Geht es in der Kommunikation mit den Spendenden um unsere Bedürfnisse und Geldwünsche oder nehmen wir sie als Menschen mit Bedürfnissen und Wünschen wahr? Erst wenn wir als Organisation diese Beziehungen auch pflegen, d.h. unsere Spendenden wahrnehmen und wertschätzen, können wir mit langfristigen Erfolgen im Fundraising rechnen.
Grundlage einer erfolgreichen Spender:innenpflege bildet eine Zwei-Weg-Kommunikation, d.h. wir müssen dem Gegenüber die Möglichkeit geben, dass sie sich bei unserer Organisation melden können, wenn sie ein Anliegen haben. Sei es eine Frage, eine Bestellung oder auch eine Reklamation. Wichtig ist, dass wir als Organisation es einem Spender oder einer Spenderin möglichst einfach machen, mit uns Kontakt aufzunehmen. Dazu gehört, dass die Möglichkeiten, mit uns in Kontakt zu treten (z.B. via E-Mail, Telefon oder Chat), möglichst einfach auffindbar sind. Zudem sollte organisationsintern geklärt sein, wer für die Bearbeitung der Anfragen zuständig ist. Und ganz ist wichtig ist auch, dass die Reaktionszeit möglichst kurz ist, d.h. dass der Spender oder die Spenderin nicht mehrere Tage oder Wochen auf eine Antwort warten muss.
Zum Schluss soll auch jeder Kontakt mit Spendenden im CRM erfasst werden, um eine lückenlose Kontakthistorie führen zu können. Diese Kontakthistorie hilft uns als Organisation, das Gegenüber besser kennenzulernen und so auch auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse eingehen zu können.
Um eine solche Kontakthistorie bzw. alle Kontaktpunkte mit Spendenden abbilden zu können, benötigt man als Organisation einerseits ein CRM, welches dies ermöglicht, aber andererseits auch Mitarbeitende, die das Mindset haben, dass solche Kontaktinformationen wichtig sind und diese auch korrekt im CRM erfasst werden. Durch das Erfassen aller Kontaktpunkte kann man den Weg erkennen, den man mit den einzelnen Spenderinnen und Spendern geht:
In einem ersten Schritt werden eure potenziellen Spendenden irgendwann auf euch aufmerksam. Dann helft ihr ihnen durch ehrliche Kommunikation, eure Organisation besser zu verstehen, sich mit euren Werten zu identifizieren und schliesslich zu handeln. Mit diesem Prozess wird Vertrauen aufgebaut, was ein wichtiges Differenzierungsmerkmal ist, insbesondere im recht anonymen digitalen Zeitalter.
Vorteile einer funktionierenden Beziehungspflege im Fundraising
Wenn ihr eurer Zielgruppe die nötige Aufmerksamkeit und Wertschätzung schenkt, dann hat das auch in verschiedenen Bereichen positive Folgen für eure Organisation:
- Zufriedenheit: Spendende, die sich wertgeschätzt fühlen, sind tendenziell zufriedener mit der Erfahrung, die sie mit einer Organisation gemacht haben. Zufriedene Spendende sind dann eher bereit, positive Bewertungen abzugeben.
- Bindung: Aufmerksamkeit und Wertschätzung schaffen eine starke Bindung zwischen einer Organisation und seinen Spenderinnen und Spendern. Durch eine positive Beziehung bleiben Spendende loyal und entscheiden sich für wiederholte oder gar regelmässige Spenden (Patenschaften, Gönnerschaften, etc.).
- Mundpropaganda: Zufriedene Spendende neigen dazu, ihre positive Erfahrung mit anderen zu teilen, sei es persönlich oder über soziale Medien. Mundpropaganda ist eine der effektivsten Formen der Werbung, um neue Spenderinnen und Spender anzuziehen.
- Feedback: Wenn Spendende das Gefühl haben, dass sie geschätzt werden, sind sie eher bereit, konstruktives Feedback zu geben. Dies kann eurer Organisation wiederum helfen, Kommunikation und Dienstleistungen zu verbessern und den sich verändernden Bedürfnissen der Zielgruppe anzupassen.
- Image und Reputation: Organisationen, die ihre Spender:innen wertschätzen und ihre Anliegen ernst nehmen, entwickeln ein positives Image und eine gute Reputation. Dies trägt dazu bei, das Vertrauen in die Marke zu stärken.
Bestätigt werden diese positiven Auswirkungen durch eine vor Kurzem durchgeführte Studie zum Thema Kundenzentrierung unter Führungskräften: Die Mehrheit der in der Studie befragten Expert:innen ist sich einig, dass im digitalen Zeitalter eine nachhaltige Wettbewerbsdifferenzierung langfristig nicht allein durch Produkt- oder Dienstleistungsmerkmale, sondern nur durch das spezifische Kunden- bzw. Spendererlebnis erreicht werden kann.
Ein positives Spendererlebnis erreicht man nur durch eine funktionierende Zwei-Weg-Kommuninikation. Diese wird primär von der Kultur und dem Mindset eures Teams getragen. Wenn wir jedoch nur eine Ein-Weg-Kommunikation pflegen und mit unseren Botschaften und Spendenwünschen die (potenziellen) Spenderinnen und Spender zupflastern, dann verhalten wir uns nicht viel anders als ein Stalker – und dieses Verhalten ist zum Scheitern verurteilt.
Spenderzentrierung beginnt im Kopf: wollen wir als Organisation als Liebhaber oder Stalker wahrgenommen werden? Oder wie es Zino Davidoff, der mit einem kleinen Laden in Genf begann und dessen Firma nun zu einer weltweit tätigen Marke wurde, einmal gesagt hat: «Ich habe kein Marketing gemacht, ich habe nur meine Kunden geliebt.»
Über Marc André Pradervand
Dr. Marc-André Pradervand hat ursprünglich Wirtschaftsinformatik studiert und ist seit rund 25 Jahren als Fundraiser, Berater und Interim-Manager tätig. Er hatte bei verschiedenen Organisationen wie UNICEF, Save the Children, Médecins Sans Frontières (MSF) sowie der Krebsliga Schweiz leitende Positionen inne. Während dieser Zeit hat er praktische Erfahrungen mit verschiedensten Datenbanken und CRM-Systemen gesammelt und ist heute als Berater in diversen Projekten zur Evaluation von neuen CRM sowie zur Digitalisierung von Fundraisingprozessen involviert.